Als die Toten wiederauferstehen, um sich grausam am kaltherzigen Grafen zu rächen, der dem armen Bettelweib nur einen Platz „für solch Vieh” hinter dem Ofen zugestanden hatte, läuft der jugendliche Spieler zu Höchstform auf. Wie von Sinnen rennt er über die Bühne, hält sich den Kopf und bekommt doch die Bilder, die dort scheinbar ablaufen, nicht mehr in den Griff. Erschöpft bricht er zusammen – seinen Tod kann man nur vermuten, da auch der Rest der Spieler in einem malerischen Abschlussbild darniederliegt.
Den begeisterten Schlussapplaus des vollbesetzten Haus Drei hatten sich die acht Schülerinnen und Schüler der Emil Langen Realschule aus Salzgitter redlich verdient. Ein Dreivierteljahr hatten sie sich in der jahrgangsübergreifenden Theater-AG der Klassen 5-9 unter der Leitung ihres Sozialpädagogen und Theaterlehrers Jannis Mouratidis mit einem für Schüler dieser Altersstufe sicher nicht ganz einfachen Text von Heinrich von Kleist beschäftigt, in dem der Egoismus der Menschen angeprangert und deren Unbarmherzigkeit kritisiert werden. Einen Prosatext in ein Bühnenstück umzuschreiben, ohne dass Stimmung und Spannung verloren gehen und die Zusammenhänge trotzdem verstanden werden, ist ein ambitioniertes Vorhaben, das die Gruppe bravourös gemeistert hat. Im Zwischenspiel erzählt ein Bettelmönch die Rahmengeschichte und nimmt den religiösen Faden wieder auf, der das Stück durchzieht. Fragte man allerdings die Jugendlichen nach dem, was sie an dieser Geschichte am meisten fasziniert hätte, waren es dann doch die Grusel- und Geisterszenen, die Wiederauferstehung der Toten und die angekündigten Todesfälle – sehr effektvoll in Szene gesetzt von zwei Mitwirkenden, die in großer Synchronität mit abgeschnittenen Köpfen mit rot unterlaufenen Augen spielten. Ein Lob haben Requisite und Kostüme an dieser Stelle verdient, die zur intendierten Horroratmosphäre das Ihrige beitrugen. Die Stimmen einiger SpielerInnen mussten sich im Laufe der Aufführung erst an die ungewohnte Bühnensituation gewöhnen, nachdem sich die erste Aufregung jedoch gelegt hatte, waren alle gut zu verstehen und traten mit viel Energie und Selbstbewusstsein auf. Hier machte sich das genaue Studium der Charaktere bezahlt, welche die SchülerInnen sich selbst erarbeiten mussten. Für die Sprache hätte man sich an der einen oder anderen Stelle das Gleiche gewünscht, denn das „alte Deutsch” stand manchmal in einem etwas seltsam anmutenden Kontrast zu den mit jugendlichem Elan und Verzweiflung vermittelten Gebärden und wirkte stellenweise aufgesetzt. Insgesamt jedoch eine spektakuläre Darbietung, untermalt mit Flammenmeer und Psychomusik vom Feinsten. Nichts für schwache Nerven!
Von Agnes Koller